17. Juli 2016
Neu-Bauen macht überhaupt keine Sinn, ist ökologischer Blödsinn und derzeit wird schon am Bedarf vorbei gebaut. In Bezug auf den sozialen Wohnungsbau stimmt das zwar nicht ganz, aber im Großen und Ganzen schon richtig.
Ändert nichts an dem Umstand, dass wir hier in Kaufungen mitten im Ort ein neues Baugebiet erschließen. Das Gebiet ist ca. 12.800 qm groß. Auf der einen Seite der Straße liegen ca. 9.000 qm groß. Darauf wird ein Sozialwohnungsbau mit 24 Wohnungen gebaut werden (48 wäre richtiger, aber wird keine politische Mehrheit finden). Dazu Mehrfamilienhäuser, dreistöckig. Eine Teilfläche ist für Einfamilienhäuser reserviert, viel zu viele, aber zumindest wurden es nicht mehr. Auf der anderen Straßenseite befinden sich 3.900 qm. Davon sind 1.000 qm für eine viergruppige Kita vorgesehen.
Eine Fläche von 2.450 qm ist für gemeinschaftliches Bauen reserviert. Wobei sich die Gemeindevertretung mehrheitlich nicht darauf einigen konnte, „gemeinschaftliches Wohnen“ irgendwie zu definieren, obgleich man mit der von der Grünen Linken Liste vorgeschlagenen Definition der Schader-Stiftung ganz bestimmt niemand auf den Schlips tritt und dennoch wird eine Richtung vorgelegt. Na gut, eben gemeinschaftliches Wohnen. Die dann noch restlichen 450 qm fallen entweder so mir nichts dir nichts dem Kitagelände zu oder würden sich für noch ein Einfamilienhaus eignen.
Diese Idee hat einen großen Anteil von Kaufunger Belangen, aber sie ist im Grunde ortsunabhängig und daher für andere Kommunen auch ein Denkspiel. Und sie hat auch vernetzende Ansätze.
Die Fläche von 2.450 qm ist von der Gemeindevertretung für 5 Jahre für gemeinschaftliches Wohnen reserviert worden. Schon jetzt gibt es Streit darüber, ab wann denn die fünf Jahre beginnen, denn die Gemeindevertretung war hier nicht sehr genau. Der frühestmögliche Beginn war vor einem halben Jahr, also sind derzeit (im Juli 2016) noch 4,5 Jahre zur Verfügung. Zugleich haben sich die politischen Mehrheitsverhältnisse geändert und es gibt jetzt schon Stimmen, die durchaus anklingen lassen, dass sie auch bereit wären, diesen Beschluss wieder zu kippen oder einfach nicht einzuhalten.
Derzeit gibt es eine Interessiertengruppe im Kaufunger/Kasseler Raum, die sich gelegentlich trifft und vielleicht den Schwung erhält, hier zu bauen. Das wäre dann ein Wohnprojekt, welches sich eher Richtung Co-Housing entwickelt. Auch prima und auf jeden Fall trifft das auf Bedarf in der Gesellschaft. Parallel dazu – und auch in Absprache mit der Interessiertengruppe – suche ich derzeit bundesweit nach einer Baugruppe, die hier ein gemeinschaftliches Projekt startet, welches dann vielleicht ein Mehrgenerationenhaus wird und im besten Fall eine Klientel erreicht, die irgendwie auch Kommune ist, aber eben doch auch nicht. Also ein schöner Ort für diejenigen, die sich im kulturell und sozialen Duft, der von einer Kommune ausgeht, wohlfühlen und gut, aber keinesfalls selbst mitten auf der Blume sitzen wollen. So wie sich heute schon Aussteigende in Nähe zu „ihrer“ Kommune niederlassen, so fehlt eigentlich auch ein Raum, wo sich Nicht-Einsteigende in der Nähe zu „ihrer“ Kommune niederlassen können.
Was ich dem Ort wünsche, ist ein Mehrgenerationenhaus mit Studierenden und Flüchtlingen, mit alten Menschen und Kindern. Was ich aber auch uns, also uns Kommunard*innen wünsche, ist ein Ort fürs Alter. Mich hat die kurze Erzählung beim Kommunetreffen über den Abschied eines sterbenden Kommunarden gefreut und uns allen wünsche ich, dass wir in so viel Aufmerksamkeit alt werden können. Aber allein mir fehlt der Glaube. Ich vermute, manche von uns suchen mehr und mehr Abstand, andere halten Geschwindigkeit und Lautstärke und Veränderungen schlecht aus. Und ich bin auch gespannt, wie entspannt wir die gegenseitige Pflege hin bekommen, wenn viele von uns zugleich älter werden. Und auf die verschiedensten körperlichen Einschränkungen sind wir auch baulich noch nicht überall prima eingestellt. Vielleicht ist es dann auch schlicht bequemer und somit angenehm und wohltuend. Kurz: Ich weiß es nicht. Aber auch wenn es den Bedarf für uns Kommunard*innen gar nicht gäbe, also z.B. den Wunsch gemeinsam mit anderen alten Kommunard*innen zusammen zu leben, wäre ein Mehrgenerationenhaus wie oben skizziert, eine tolle Sache.
Nun, damit das so wird, müssten wir einfach selber bauen. Nicht alle Kommunen, aber doch auch einige, sparen Geld an für die Altersvorsorge, machen Rücklagen. Und diejenigen finden, wie alle anderen auch, derzeit keine profitablen Anlagemöglichkeiten. Und der soziale Wohnungsbau hat nun mal eine interessante Rendite. Gut, da kann es sein, dass man nachher Vermieter von sozialem Wohnraum ist und eine Rolle einnehmen muss, die man eigentlich gar nicht will. Aber es wären ja auch durchaus einige Jahre Zeit, sich mit dieser oder noch anderer Unbill zu arrangieren. Wenn Geld zur Verfügung steht und es nicht auf dem kapitalistischen Geldmarkt investiert werden soll, dann sehe ich wirklich nur die Möglichkeit, dass wir in unsere eigenen Strukturen und damit also in andere Gruppen und in Neugründungen investieren. Auch die noch so geile Windkraftanlageninvestition wird uns nicht davor hüten, letztendlich die Geldspirale, die uns alle schwindeln lässt, weiter zu drehen.
Interessant wäre es auch, wenn z.B. Interkomm-Region Kassel hier einer anderen, externen Gruppe, die Zusammenarbeit anbietet. Wenn sich also eine Beratungsgruppe speziell für dieses Projekt anbieten würde, die sich eben auch real am Bau und an der Finanzierung beteiligen würde.
318.500 Euro (also die Grundstückskosten für das Gelände) werden wir vermutlich nicht morgen auf den Tisch legen können, aber der Startpunkt einer Baugruppe, der könnten wir schon sein. Sicherlich wäre irgendwann eine Anzahlung nötig, aber das wäre sicherlich zu stemmen. Die Suche kann parallel dazu weiter laufen und vielleicht übernimmt irgendwann eine andere Gruppe alles oder zumindest das Heft in die Hand. Aber eine solche Startergruppe aus dem Kommuja-Netzwerk könnte eben als eine Gruppe auftreten, die den Zuschlag für das Gelände erhält.
Ich habe das geschrieben, weil ich mir zum einen Rückmeldungen zu diesen Überlegungen wünsche, die ihr mir gerne an steffen@lossehof.de schicken könnt, ich mach dann einen Beitrag für die Kommuja, die der Lossehof machen wird, draus. Ich habe das aber auch geschrieben, weil ich Mitstreitende suche, die das mit vorbereiten und umsetzen wollen.
Steffen
(Kommune Lossehof)